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Ein keramisches Riesenreptil
"Klinkerstrickerei", nannten Spötter diese Art zu bauen. Jeder einzelne Ziegel ist handgesetzt. Und das Chilehaus (1922-24) ist beachtlich groß! Es nimmt einen ganzen Häuserblock in der Altstadt in Anspruch. Dort standen 69 Wohnhäuser, Fachwerkhäuser aus dem 16. bis 19. Jh., deren Bewohner somit aus der Stadt vertrieben waren. Da muss man ja doch was Ordentliches hinstellen, damit es sich auch gelohnt hat.
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Der Architekt hieß Fritz Höger. Er nutzte gern die besondere Wetterfestigkeit des schwarzen und dunkelroten Klinkers und schuf damit fantasievolle Oberflächen, die nicht aus dieser Welt zu sein scheinen. Der Winkel des Betrachters zur Wandfläche, seine Bewegung und das Licht erzeugen verblüffende Effekte. Höger erfand sozusagen die Op-Art für die Architektur, 50 Jahre, bevor die Malerei sie entdeckte.
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Högers Oberflächen haben etwas von Schlangenhaut, sie legen sich manchmal in sanfte Kurven, als bewegte sich das riesenhafte Tier.
Es hebt einen spitzen Kopf, bereit, zuzustoßen. Högers Bauten sind nicht anheimelnd. Sie sind grandios, aber sie haben auch etwas Gefährliches. Sie sind eine Fantasy-Welt und wirken wie Burgen, in die man geht, um Mutproben zu bestehen und wo das Unerwartete zu erwarten ist.
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Das Gesamtbild dieser Architektur ist düster. Wo die Wiederaufbau-Architektur nach dem Brand von 1842 ein helles, strahlendes Stadtbild herstellte, das dem Ziel folgte, eine saubere Stadt zu schaffen -- auch durch die neu erstellte Kanalisation von Lindley --, da setzt unter Schumacher die Periode eines so dunklen Werkstoffes ein, dass man in der lichtärmeren Jahreszeit glatt depressiv werden kann.
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Waren es nur die praktischen Erwägungen? War es Zeitgeist? Aber das Bauhaus bevorzugte just zu dieser Zeit strahlendes Weiß für seine Straßenzüge.
Im Chilehaus oder im Sprinkenhof befällt mich eine Assoziation mit Zwingburgen, die zwar schützen, die aber auch keine heitere Stimmung aufkommen lassen.
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In einer Mauernische eines seiner Bauten hat ein Künstler ihm ein kleines Denkmal gesetzt. Eine Kleinskulptur erinnert an den Baumeister, der Hamburg in so seltsamer Weise bereichert hat.
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