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Radikaler Minimalismus
Niemals in der Geschichte der Stile scheint es so eine radikale Abkehr vom Gewohnten gegeben zu haben. Formen und Farben durften nur noch der Funktion dienen und wurden auf das Allergrundlegendste reduziert. Es muss eine Euphorie gewesen sein, in der die Meister und die Schüler des Bauhauses in seiner Blütezeit gearbeitet haben. Das drückt sich auch in den Festen aus. Es war eine Philosophie, die sie trug; und Gründer Itten, der das Ganze von der spirituellen Seite her anpackte, vertrat damit einen scheinbar konträren Ansatz zu Meistern, die auf die industrielle Fertigung hinauswollten. Das nämlich war die rationale Konsequenz: Wenn wir die Menschen beglücken wollen, dann soll ein Tisch von Marcel Breuer in jeder Arbeiterwohnung stehen können.
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Entsprechend bemühten sich die Meister und Schüler des Bauhauses um ein Design, das mit den Mitteln moderner Produktion vervielfältigt werden konnte. Das schlug sich in den baulichen Details nieder, die oft ganz ungeschminkt ihre Herkunft aus der Industrie präsentierten. Und die Junkers-Werke, die sich mit Flugzeugbau beschäftigten, gingen eine Partnerschaft mit dem Bauhaus ein und stellten Serien von Breuers Stahlrohrmöbeln her, die noch heute Maßstäbe setzen. Wiederum fanden die Breuer-Entwürfe in der Einrichtung der Junkers-Flugzeuge Verwendung.
Das handgeschnitzte Einzelstück hatte ausgedient.
Viele der im Bauhaus Geschulten fanden nach dem Ende des Bauhauses einen Arbeitsplatz in der Industrie wie z.B. Gunta Stölzl, die Weberin und Textil-Designerin.
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Wenn das Herr Breuer wüsste...
Ironischerweise sind es heute nicht die von den Gründervätern angepeilten Arbeiter, die in solchem Interieur wohnen, sondern es sind die kenntnisreicheren Liebhaber der klassischen Moderne, die eine ganze Menge Geld für die Originale hinlegen müssen. Damit meine ich nicht die damals gefertigten Gegenstände, sondern die heute in Lizenz hergestellten. Das sind somit nicht die Renner in den Möbelhäusern, die das Mobiliar fürs kleine Budget anbieten -- und selbst, wenn sie alles andere preislich schlagen würden, wäre nicht sicher, dass sie den Geschmack der breiten Käuferschichten treffen.
Wohl eher nicht. Was wir hier finden, erinnert deutlich an die Formsprache des Bauhaus-Designs, ist aber in den 90 Jahren seines Bestehens auf Gefälligkeit heruntertransformiert. In diesen Katalogen finden wir nicht das heutige, aufregende und wirklich gute Design.
Wer da versucht, die ursprüngliche Idee des Bauhauses -- gutes Design, billig, für jedermann -- zu verwirklichen, indem er Kopien der Klassiker für wenig Geld anbietet, der muss sich auf geharnischte Urheberrechtsprozesse gefasst machen.
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Mensch, wie haste die verändert.
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