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NeubarockEs scheint, als hätten die Baumeister als Darsteller des Zeitgeistes in der wilhelminischen Ära Sehnsüchte bedient, Sehnsüchte nach feudalen Zeiten des Absolutismus, gerade in einer Zeit, als sich Arbeitervereine bildeten, die Vorläufer der Gewerkschaften, und als sich Sozialdemokraten und Kommunisten organisierten, um zum Sturm auf die Bastionen des Kapitals aufzurufen. |
Laeisz-Halle in Hamburg, ebenso alle in der linken Spalte |
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Wenn wir davon ausgehen, dass der Historismus romantische Tendenzen aufnimmt und auch den banalsten Bauten dadurch eine gewisse Weihe zu verleihen sucht, dann drücken die neubarocken Fassaden die Trauer über den Kontrollverlust aus, den die bürgerliche Revolution mit sich brachte, und eine Sehnsucht nach dem Glanz des Absolutismus, und zugleich mussten die Bürger fürchten, dass eine proletarische Umwälzung auch ihnen die politische Kontrolle hätte entziehen können. |
Türdekor in Ottensen |
Denn inzwischen hatte eine neue, nichtadelige Klasse um ihren Bestand zu fürchten. Fabrikbesitzer und Großkaufleute bildeten eine neue Elite, die ein früher nicht denkbares Selbstbewußtsein gegenüber dem Adel an den Tag legte, und fürchteten zugleich die Emanzipation ihrer eigenen Arbeiter wie der Teufel das Weihwasser.
So. Mehr Neubarock habe ich in Hamburg nicht gefunden, allenfalls leicht barockisierenden Jugendstil, aber den kriegen wir später, dafür aber jede Menge Neurenaissance. |
![]() Das Deutsche Schauspielhaus, Hamburg |