Die eleganten 50er

Vassily Kandinsky

Die Dämonen waren vertrieben, die Kultur wurde nicht länger verfolgt. Nun war Raum für die Moderne, die wir inzwischen "klassisch" nennen. Tatsächlich machen sich weich geschwungene Formen, die an die Bilder von Kandinsky, Arp und Klee und an die Papierschnitte von Matisse erinnern, auf Polstern und Gardinen breit. Und der gleiche Schwung setzte sich in Schriftzügen und auch ganz vorsichtig auf den Bauten fort. Während das Bewußtsein der Menschen sich nur schwer von der Vergangenheit lösen konnte, wurde eine Gegentendenz gefördert, die sonst nur schwer hätte an Boden gewinnen können: Die Nachkriegs-Moderne in der Architektur. Das Bauhaus war längst emigriert. Gropius entwickelte seine Ideen in den USA weiter.

Das Design der 50er Jahre: Von der Kunst inspiriert
 
 
 
Der hochgeklappte Containerdeckel, den man links in der Ecke sieht, gehört baldigst von dem schicken kleinen Pavillon entfernt, in dem jetzt das Alex bewirtet. Ansehen, genießen und hoffen!

Ein Name darf in der Nachkriegs-Architektur nicht vergessen werden: Ferdinand Streb.

Ihm verdankt Hamburg, dass hier auch ein paar Beispiele der eleganten Architektur der Fünfziger Jahren erhalten geblieben sind, wenn auch das Bali-Kino (später AKI) fehlt. Das feinste von allen ist immer noch (trotz Verhunzung durch ein Vordach) der Alsterpavillon.

Alsterpavillon am Hamburgischen Jungfernstieg

Grindel-Hochhaus

Die Grindel-Hochhäuser gehören ebenfalls zu Strebs Werken.

 
 

1948 war das Grindel-Viertel als britisches "Hamburg Project" begonnen und dann verlassen worden. Die Briten sahen aber auch bei der Umwidmung zu einem zivilen Projekt darauf, dass die Architekten politisch nicht vorbelastet waren. Abgesehen davon, dass es unpassend gewesen wäre, die früheren Amtsträger durch neue Aufträge zu belohnen, schätzte man wahrscheinlich auch die Sprache der reinen Bauform als politische Aussage ein. Dass sie das ist, lässt sich durchaus belegen. Denn im Dunstkreis um Hitler saß der Architekt Speer in der ersten Reihe.

Auf die Dauer gelang es jedoch nicht, die Architekten aus den Ämtern fernzuhalten, wie der Düsseldorfer Architektenstreit beweist.

Iduna-Gebäude

Straßenansicht des Iduna-Germania-Hauses

Türgriffe im Iduna-HausSehr schön ist auch das Iduna-Germania-Haus an der Alster.
Der Dreiklang aus cremefarbenem Naturstein, Fensterscheiben in der Farbe von Rauchtopas und Messing-Fensterrahmen und Türgriffen gibt dem Bau ein gemäßigt modernes, gediengenes und sehr subtiles Flair.

Treppenhaus im Iduna-Gebäude von Streb

Treppenhaus im Iduna-Germania

Hamburgische Staatsoper an der Dammstorstraße

Die Hamburgische Staatsoper

Ebenfalls eine Kostbarkeit dieser Zeit ist das Zuschauerhaus der Hamburgischen Staatsoper von dem am Bauhaus- und bei van der Rohe geschulten Architekten Gerhard Weber. Wir haben hier eine sehr ähnliche Farbkombination wie bei Streb: Hellen Naturstein und goldfarbenes Metall.

Ungewöhnlich ist auch die Öffnung des Foyers zur Straße, ein Konzept, das den Opernabend zum sichtbaren Event macht.

Hamburgische Staatsoper

U-Bahn-Eingang Hallerstraße

Jede Mode geht über die vorangegangene mit Verachtung hinweg und sieht nicht ein, warum man die Bauten der jüngsten Vergangenheit schützen und erhalten sollte. Die Tragik ist, dass die Erkenntnis oft zu spät kommt. Inzwischen sind die Qualitäten dieser Epoche erkannt worden. Und irgendwann erkennen wir vielleicht, dass künftige Architekten hiervon inspiriert werden. Das wäre nicht schlecht.

Langloh-Bau an der Alster

Das siegreiche Modell Zurück