Brutalismus

Kies in Platten: Module für schnellen Bau

Gebäude, das einst der Sitz der evangelischen Bischöfe des Hamburgischen Raums war.

Hohlraum bauen im Akkord

War es in den 50er Jahren wesentlich darauf angekommen, eine große Zahl von Menschen unterzubringen, so hätte man erwarten können, dass sich in den 60er Jahren langsam wieder Architekten darauf besonnen hätten, dass eine ihrer Aufgaben ist, schöne Bauten zu entwerfen. Man muss aber den Eindruck gewinnen, es sei genau umgekehrt gewesen. Die Eleganz verschwand aus der Architektur, und eine gewisse Grobschlächtigkeit griff wieder um sich, die modern sein wollte.

Wenigstens an einem Geschäftshaus, niemand muss drin wohnen

Abraumhalde hochkant

 
Das Antlitz des Plattenbaus

Der Plattenbau war schon vor 100 Jahren erdacht worden und in den USA, dann von Le Corbusier erprobt. Man goss Zement auf eine Lage Kies und erhielt eine lebhaft strukturierte Oberfläche; diese wurde äußerst beliebt als Außenverkleidung von Bauten aller Art. Selbst vor Kirchen machte man nicht Halt.

Die gute Nachricht war: Naturmaterialien wurden in ihrer rohen Schönheit dargestellt. Das konnte manchen Bauten einen rustikalen Reiz verleihen -- wenn wir sofort verwahrloste Großsiedlungen damit verbinden, ist das nur die halbe Wahrheit.

Kirche in WandsbekWandsbeker Kirche

Allianzbau von außen

Allianzhaus, von der Trostbrücke aus gesehen

Man sperrte die Menschen in Hochhaussiedlungen und Großraumbüros. Und just an sich selber scheiterte dieses Konzept. Großraumbüros sind in die Kritik geraten; ihre krankmachende Wirkung scheint nachgewiesen. Die Großsiedlungen brachten soziale Probleme mit sich, Vandalismus, Gettoisierung von sozial Entgleisten, in den USA hat man solche Siedlungen schon abgerissen. Dort, wo die Umgebung stimmt und dem Menschen harmonisch entspricht, gibt es keinen Vandalismus.

Geschäftshaus in Jork, Altes Land
Moderne Ruine nach kaum 30 Jahren

Der Bau als Biotop

Keine Architektur hat so schnell ihr Scheitern eingestehen müssen wie die aus dem sauberen Jahrzehnt. Aus den Poren des Travertin, eines Lieblingssteins dieser Zeit, wuchsen rasch Algen. Keine Architektur altert so hässlich wie die der 60er und verliert so schnell ihre Stabilität, weist so rasch Bauschäden auf und erfordert in so großem Stil umfassende Renovierungsmaßnahmen wie die Bauten dieser Epoche. Die Stahlbetonbrücken dieser Zeit sind inzwischen sämtlich sanierungsbedürftig.

Abriss des alten neuen Altonaer Bahnhofs

Dieser Bahnhofsbau war leichter abgerissen als der wilhelminische Vorgänger, der nur mit Mühe in die Knie gezwungen wurde

Keramische Fassadengestaltung

Kaufhausfassade

Die Epoche ist mir ein Rätsel, obwohl ich in ihr meine Jugend verbracht habe. Wie konnte man so sehr alles beiseitewischen, was ein Haus schön macht und das Leben darin erfreulich? Was hatte diese Generation erlebt, um so eine Widerspiegelung von kompromissloser Härte und Bedrohlichkeit hinzustellen? Welche Einstellung hatten die Architekten der Ära gegenüber den Menschen, für die doch ein solches Ambiente wie die City Nord geschaffen wurde?

Wenn ich auch bereit bin, den Architekten des Brutalismus eine Psychoanalyse zuzubilligen, hat derjenige, der diese Bauten von Klophaus rechts so verschlimmbessert hat, einfach nur Haue verdient.

Unter dem grauen Eternit sollen noch die weißen Fliesen liegen

Dazu sag ich mal gar nichts.

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