
Fassadenschmuck am "Alsterhaus" (1911/12)
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"Ornament ist ein Verbrechen",
polemisierte Adolf Loos im Jahre 1908. Und er argumentierte so, dass die Anfertigung von schmückenden Elementen den Menschen unnötig Arbeit aufbürde. Logisch war dies nicht, denn die Handwerker hätten sich wohl ungern das Brot nehmen lassen. Wer etwas verändern will, darf polemisieren; es ging Loos sicherlich darum, reine Formen und Flächen aus der Umklammerung der krakenhaften "Seelennudeln" zu befreien, wie die Ornamente des Jugendstil scherzhaft genannt wurden. Loos schlug ein. In Wien, wo die Sezession eine so wichtige Rolle für die Entwicklung des Jugendstil spielte, nahm auch die Weiterentwicklung ihren Ausgang.
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Der Borselhof, ein äußerst schlichter Fabrikbau von 1909 in Ottensen, heute Theaterraum und Geschäftshaus
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Oben und unten: Kacheldekor in der U-Bahn (1912)
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Die Ornamente wurden weniger
Auch die Wiener Sezession schwenkte in Richtung Vereinfachung um. Sie bezog mehr und mehr die gerade Linie in ihre Entwürfe ein und ging deutlich sparsamer mit Schmuckelementen um. "Weniger ist mehr" schien das Motto, und es funktionierte. Die Architekten schienen in der Behandlung der Flächen zu Atem zu kommen und zur Ruhe, und ihnen gelangen einige Bauten von zeitloser Schönheit. Der langjährige Baudirektor von Hamburg, Fritz Schumacher, nahm in dieser Zeit seine Tätigkeit auf und bereicherte die Stadt durch seine Entwürfe. Dies war die Linie, auf der sich das Bauwesen in Hamburg weiterentwickelte. Das Bauhaus blieb zunächst eine Randerscheinung; dominant wurde weiterhin, wie auch in den früheren Epochen, die Verwendung des Klinkers. An die Stelle des bearbeiteten Werksteins wie hier sollte die Tonskulptur treten. Mit anderen Worten: Ganz frei von kriminellen Anwandlungen wurde die Architektur auch nicht im 20. Jh.
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Schumacherbau von 1911-13 in der Dammtorstraße
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Die Prämoderne kristallisierte sich langsam aus dem Jugendstil heraus. Gleichzeitig, als schon Frank Lloyd Wright in den USA, Otto Wagner, Adolf Loos und Peter Behrens vormachten, wie modern geht, entstand in Hamburg als Schwanengesang auf den Historismus das absurd dekorierte Rathaus.
An alles muss man sich gewöhnen. Das Haus von Loos am Michaelerplatz, das er für ein Modehaus baute, stieß bereits in der Bauphase auf ähnlichen Hohn und Spott wie die ersten Ausstellungen der Impressionisten. Darum wohl finden sich viele Bauten aus der Zeit um 1900, die deutlich den Willen zur Vermittlung zeigen, die moderne Anklänge mit begütigenden Bauschmuck mildern.
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