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Der manuelinische StilSilves, eine Kleinstadt in Portugal, wird gekrönt von einer Maurenburg, die eine jahrhundertelange Herrschaft der Araber über diesen Landstrich verdeutlicht. Nah an dieser Burg steht ein Haus, das unauffällig an der Seite ein bemerkenswertes Fenster aufweist. Es wirkt durch seine geschweifte Form sehr orientalisch und phantasievoll; dieser Eindruck wird noch stärker, wenn man es sich im Detail ansieht. Es ist ein Zeugnis des manuelinischen Stils, der in Portugal etwa um 1500 an die Stelle der Gotik trat und nur in diesem Land auffindbar ist. Das große Erdbeben von 1755 zerstörte weitere Beispiele aus der Epoche. Kennzeichen ist das uppige Wuchern von Dekor, das aus ganz anderen Bereichen entlehnt ist. Was haben Seile, Ketten und Gürtel samt Schnalle an einer Kirchenwand verloren? |
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![]() Convento de Cristo, Tomar, Portugal |
Zur gleichen Zeit entwickelte Hieronymus Bosch in den Niederlanden Bildwelten, die die Frage aufkommen ließen, was er denn geraucht habe. Und in der Mitte Europas konnten die Menschen das Undenkbare denken: Die Erde war doch eine Kugel, Columbus hatte es bewiesen. Die katholische Kirche zu verändern oder gar abzuschaffen lag im Bereich des Möglichen. Luther hatte es bewiesen. Ein Weltbild wandelt sich... |
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Braga/Portugal, Kathedrale |
Es muss eine Zeit des Umbruchs und schwärmerischer Ideen gewesen sein. Während sich die Menschen im Mittelalter in einem geschlossenen Weltbild befanden, drangen nun neue Einflüsse herein. Viele neue Universitäten wurden gegründet, und an den bestehenden bildeten sich neue Strukturen und neues Gedankengut. Der Rückgriff auf die antiken Schriften und die damit einhergehende wachsende Bedeutung von Griechisch, Latein, Hebräisch und anderen antiken Sprachen beflügelte das kritische Studium der Schriften und veränderte die Sichtweise und damit das Weltbild der Menschen. Äußerlich könnte sich das in einer chaotischen und experimentierfreudigen Kunst ausgedrückt haben. |