Neuromanik

2497 vues | Dernière modification 28 oct. 2016 - 12:40:13 Par Laetitia Siebert

Zeisehallen von 1865

Zeise-Werke in Hamburg-Ottensen

Die Kultstätten des Kapitals

1848, zu einem Zeitpunkt, als der Historismus groß im Kommen war, veröffentlichte Marx zusammen mit Engels das Kommunistische Manifest. Zu dieser neuen Lehre gehörte auch, dass der Religion die Eigenschaften einer Droge zugerechnet wurden; auch davon, wie von der Ausbeutung durch entfremdete Arbeit, sei der arbeitende Mensch zu befreien.

Seltsamerweise wurden just ab diesem Zeitpunkt Fabriken in der Architektur von Kirchen erbaut. Das waren die neue Andachtsstätten, in denen alles andere als Besinnung stattfand. Demnach könnten unsere Nachfahren annehmen, dass Arbeit kultische Bedeutung hatte, so wie sie heute unsere Banken- und Versicherungsgebäude als Kathedralen interpretieren könnten.

Borsels-Werk, Ottensen, Hamburg

 

Man fragt sich, ob es eine gutgemeinte Geste war, den Arbeitern ein schönes Gebäude hinzustellen, wo man ihnen bessere Arbeitsbedingungen hätte schaffen sollen... Lag es nur am Repräsentationswillen des Besitzers? Oder war es einfach so, dass man schmucklose Bauten noch nicht zu denken vermochte?

Ein Ort, wo du nur noch beten kannst

Auch das Polizeigefängnis Hütten in Hamburgs Neustadt war ein Haus, das man nicht mit guten Gefühlen betrat, und es wurde erst recht nach 1933 ein Ort des Schreckens, erste und gelegentlich letzte Station für politische Dissidenten.

Polizeigefängnis Hütten, ein gefürchteter Aufenthaltsort

Polizeigefängnis Hütten

Der Bahnhof Hackescher Markt in Berlin

Bahnhof Hackescher Markt, Berlin

Anhalter Bahnhof, Ruine, Berlin

Anhalter Bahnhof, Berlin.

Verstehen Sie Bahnhof?

Und auch Kultstätten der Mobilität gab es nun, die Bahnhöfe. Auch sie feierten den Fortschritt mit Reminiszenzen der Vergangenheit. Es ist schon sehr eigenartig, dass eine Epoche, die so stürmisch in die Industrialisierung und technische Entwicklung schritt und sogar auch über moderne Baustoffe wie Stahlbeton verfügte, sich stilistisch-baulich fast ausschließlich aus den Vorlagen der vergangenen Jahrhunderte bediente. Das Ergebnis nennen wir heute Steampunk: Der technische Fortschritt geht zügig voran, die Ästetik bleibt ornamental. Wenn man rein technische Anlagen ausnimmt, war das Verlangen nach Dekor noch größer als in den vergangenen Jahrhunderten.

War das Angst vor der eigenen Courage?

 

Dammtorbahnhof, ein Fenster

Dammtorbahnhof, Hamburg, spätes Beispiel, mit Jugendstil vermischt

 


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