Nachwort

3562 vues | Dernière modification 27 oct. 2016 - 16:03:01 Par Laetitia Siebert

Eva-Maria Nerling

Eva-Maria Nerling

Es ist nun doch eine sehr auf Hamburg konzentrierte Site geworden.

Das hat zwei Gründe, der eine, dass dies der Standort meines Auftraggebers, des Unternehmens immo-info, ist. Der andere Grund: Bei einem Projekt, das so reich an Bildern ist, sind eigene Bilder die sicherste Methode, Urheberrechte zu wahren. So viel Material ich auch von meinen Reisen versucht habe beizusteuern, so ist das doch nicht unbegrenzt verfügbar. Urlaube sind zeitlich begrenzt. Die eigene Stadt hingegen hält schön still, wenn man loszieht, um sie zu fotografieren.
Übertriebener Lokalpatriotismus -- obwohl ich meine Heimatstadt mag -- zählt nicht zu meinen Gründen.

Häuser aus der frühen Gründerzeit in der Esplanade

So wie dieser letzte Rest der Originalbebauung in der Esplanade sah fast die ganze Straße aus, bis 1957 die Spitzhacken kamen.

Sind Bauten Heimat?

Definitiv ja, wenn du ein Stadtbewohner bist. Ein wenig beneide ich die Gebirgler um die Unveränderlichkeit ihrer Kulisse.

Heimat ist ein gebrochener Begriff, seit unsere Nation einst durch eigene Schuld so viele Heimatlose hervorgebracht hat. Heimatlosigkeit kann erblich sein, denn die als Flüchtlinge kamen, waren unerwünscht, und das teilte sich auch ihren Kindern mit. Dieser Hintergrund kann aber auch eine Sensibiltät für die Veränderungen und sogar Gefährdungen der Heimatstadt mit sich bringen.

Ich habe meinen Wohnsitz immer in Hamburg gehabt. Meine Mutter schärfte meinen Sinn für Stil und Alter von Bauten. Darum liegt mir das bauliche Schicksal dieser Stadt am Herzen. In manchen der hier gezeigten Beispiele habe ich gewohnt.

Die Esplanade 1830, eine Promenade, wo vorher freies Schussfeld war

Die Esplanade um 1830, frisch von und nach Wimmel bebaut


 

Die Vernichtung des Stadtbildes im Krieg

mag zwar ihren Höhepunkt im August 1943 gehabt haben, jedoch dass sie 1945 beendet worden wäre, ist glänzend widerlegt. Hamburg hat immer schon so umwerfend praktisch gedacht.

Der Große Brand und der Krieg haben oft als Ausreden gedient, um das Fehlen alter Bausubstanz zu erklären. In Wirklichkeit hat sich aber die Erneuerungswut, die typisch ist/war für die Entscheider dieser Stadt, gern auch auf das nicht-ganz-so-Alte gerichtet, dessen Wert nicht so augenfällig war. Es ist kein Kunststück, den Erhalt einer Kirche oder eines Palastes zu bewirken. Um das Rathaus in seiner fragwürdigen anachronistischen Bauweise müssen wir uns keine Sorgen machen. Schwieriger ist es mit den Unauffälligen, Banalen, das niemand richtig sieht: Zweckbauten im Hafen, wegweisende Wohnbauten, die alte Badeanstalt von Bergedorf, alte Güterbahnhöfe, Brücken, und so fort.

Altes Stellwerk beim Bahnhof Sternschanze

Altes Stellwerk an der Sternschanze, inzwischen verschwunden

Bergedorfer Badeanstalt

Ehemaliges Billebad in Bergedorf

Gladstone's Land, Edinburgh

Zum Thema "National Trust": In Gladstone's Land in Edinburgh, einem Haus aus dem 15./16. Jh., kann man einen Laden und eine Wohnung besichtigen.

Wenn so vieles verschwindet, was einfach nur nicht als wertvoll erkannt wird, dann hat das seinen Grund auch in einem Mangel an Aufmerksamkeit und zu wenig Kenntnissen in der breiten Bevölkerung, darüber hinaus in einer Einstellung, die eher gleichgültig gegenüber dem Erbe ist. Das ist Vergessen und Vergessen-Wollen. Und auch stadtplanerische "Notwendigkeiten" können als Ausrede dienen. Wer hat beschlossen, dass die Stadt ihre Priorität in den Autoverkehr setzen sollte? Die Stadt als Ort von Erinnerung war den Hamburgern ziemlich schnuppe.

Wie anders ist das in Großbritannien und seinem National Trust. Schade, dass bei uns keine vergleichbare Beiteiligung aus der Bevölkerung dem Denkmalschutz so zur Seite steht wie dort. Dank sensibler Sanierung hat z.B. Edinburgh eine fast durchgehend im Zustand vor 1900 erhaltene Alt- und Neustadt, die ein Touristenmagnet ist.

Denkmalschutz wird bei uns hingegen viel zu oft als Verkehrs- und Bauhindernis wahrgenommen.

Die Schneise durch die Stadt

Die Ost-West-Straße (so hieß sie damals) riss eine Schneise ins Stadtbild. Die Planung hierfür stammte noch aus Speers Umgestaltungsideen für Hamburg
Hier begegnet man 5 oder 6 Personen, die die Räume beaufsichtigen und Fragen beantworten -- Freiwillige.

Wenn man sich die Bilder der Ebba Tesdorpf ansieht, die das alte Hamburg noch vor seiner großen Vernichtung durch die Abriss-Orgien der späten Gründerzeit dokumentierte, versteht man, warum sie sich krank aus Hamburg zurückzog. Die "Erneuerung" unserer Städte, die Brutalität, mit der das geschieht, geht weiter. Und auch der Kampf derer, die das Erhaltenswerte auch im Unspektakulären erkennen.

Es muss etwas nur alt genug werden, dass es kostbar wird. Aber das muss es erstmal schaffen.

 

 

Ein erhaltenswerter Bau, der lange für zu prosaisch gehalten wurde, als dass man ihn erhalten müsste, ist der zweitälteste Bahnhof in Deutschland. Er war von Chateauneuf entworfen und kurz vor dem Hamburger Brand 1842 fertiggestellt. Er erhielt schlagartig große Wichtigkeit bei der Evakuierung von Bewohnern der Innenstadt, wo 20.000 Bürger obdachlos geworden waren. In diesem Gebäude wurden sie nach den Tagen des Schreckens empfangen.

Er befindet sich in guter Verfassung.

Der alte Bergedorfer Bahnhof von Chateauneuf

Der alte Bahnhof in Bergedorf, gut erhalten
 

Ein Wort in eigener Sache

Meine Ausführung auf dieser kleinen Site zu Baustilen sind nicht mit wissenschaftlicher Akribie gemacht, obwohl ich mich um die Richtigkeit der Fakten bemühe. Ich habe nicht Architektur studiert, sondern Bildende Kunst. Wer mich korrigieren kann, der möge es freundlicherweise tun, ich werde neue Erkenntnisse laufend berücksichtigen.

Ich möchte auch noch auf zwei exzellente Aufsätze hinweisen, die mein Kollege verfasst hat. Der eine beschäftigt sich mit Hochhäusern, der andere mit der (un)heimlichen Stadt. Lesenswert! Und mit Quellen ausgestattet, im Gegensatz zu meinen Ausführungen, die eher frei spekulieren als etwas beweisen können.

Hamburg, im Herbst 2011
 

 


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